Liebe Interessierte,
während sich viele über den Rundfunkbeitrag aufregen und vielleicht gerade darüber freuen, dass er nicht erhöht wird, treten andere und viel wichtigere Themen einer Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den Hintergrund. Die Einschätzungen des Kommunikationswissenschaftlers Prof. Michael Meyen teilen wir nicht, man könne – wenn der Rundfunkbeitrag abgeschafft sei – über Steuerfragen gezielt ein bessere Radio- und Fernsehprogramm wählen; dies erscheint uns angesichts gebrochener Wahlversprechen naiv. Frankreich ist diesen Weg gegangen und Liechtenstein nun auch. Wir werden beobachten können, was es bedeutet, wenn die Regierung direkten Einfluss auf die Existenz und ggfs. auch Inhalte der Medien hat, die dann auch nicht mehr ÖRR, sondern wirklich Staatsfunk sind.
Wir hatten dem Thema Ende 2022 eine Sondernewsletter gewidmet und an den Inhalten und Bedarfen hat sich wenig geändert.
Auffällig und erschreckend ist nun, dass am Journalismus gespart wird. Zwar ist es sinnvoll Synergien zu bilden und sich doppelnde Programmangebote zu koordinieren und evtl. zusammen zu legen, aber die Einsparpotentiale auf den Sonnendecks der Verwaltungs-Hierarchie werden am wenigsten ausgeschöpft, während im journalistischen Maschinenraum weiter gespart wird. Und die Podcastisierung in den Sendeanstalten war überhaupt kein Thema – also die Priorisierung des umstrittenen Online-Angebots.
Hierauf lenken die Betroffenen Anstalten selbst den Fokus in der Berichterstattung über die ministerpräsidialen Entscheidungen:
ARD: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/reformstaatsvertrag-presseaehnlichkeit-online-100.html
Von außen sieht man es u.a. so: https://plus.rtl.de/podcast/medien-im-visier-cqaq17xce0hvj/neue-folge.
Die Forderung der Medienmachenden, mehr ins Programm zu investieren, wurde ebenso ignoriert, wie die nach mehr Mitbestimmung bei Reform und internen Entscheidungen sowie überhaupt Beteiligung an der Medienpolitik: https://daff.tv/daff-stellt-buch-zur-medienzukunft-vor. Eine Studie stützt dieses Anliegen. Der einberufene Zukunftsrat stellte diesen Katalog zusammen. Unsere Medien und die Initiative Publikumsrat gehören zu den Mitignorierten.
DGB und Verdi haben sich mit einer gemeinsamen Stellungnahme – alle relevanten Punkt erneut aufgreifend – an der (nicht)Debatte um den Änderungsstaatsvertrag beteiligt – en Detail sehr lesenswert: https://medien.verdi.de/themen/medienpolitik/++co++088aa7d0-86e6-11ef-958c-4fc05c9c47b9.
Wieder eine vertane Chance. Aber wir befinden uns in einer Situation wie die Schweiz 1974, wo es nicht um Medien sondern das Wahlrecht der Frauen ging. Die Forderung den Frauen das Wahlrecht zu gewähren, ging an die wahlberechtigten Männer – es ging also darum, die Machtelite davon zu überzeugen, dass es für sie besser ist Macht abzugeben. Genau um diesen Aspekt geht es beim Überzeugen der Ministerpräsidentenschar, die über das Schicksal des ÖRR entscheiden, denn wir wissen aus der Geschichte, dass Politik ungern kritische Medien stärkt; allem Gerede von Demokratie und freiem Diskurs zum Trotz.
IMV News
Unser Förderkreis des IMV lädt im Anschluss an seine Jahreshauptversammlung zur öffentlichen Vortragsveranstaltung mit Prof. Sabine Schiffer ins Terzo Mondo ein Berlin ein zum Thema: Krieg in Nahost – Zwischen Propaganda und Berichterstattung.
Es geht dabei vor allem um die Schnittstelle von Fünfter zu Vierter Gewalt, also der gezielten Beeinflussung von öffentlichen Diskursen durch Think Tanks, deren Namen und Strategien kaum bekannt ist. Unsere Pressemitteilung/Ankündigung als Angang anbei und bald auch auf unserer Website.
Zum Livestream am 14.11. 2024 ab 19.30 Uhr geht es hier: https://www.terzomondo.de/event/imv-krieg-in-nahost-zwischen-propaganda-und-berichterstattung. Wir freuen uns auf rege Teilnahme und Diskussion vor Ort!
IMV Termine