Liebe Interessierte,
mit freundlicher Unterstützung aus Medien, Wissenschaft und Kunst tourt der US-amerikanische Ex-Präsident Obama durch Europa. Imagepflege hat die USA nötig und mit Soft Power war man stets besonders erfolgreich. Warum Obama im Ausland über so ein positives Image verfügt, ist ein Phänomen an sich. Wir dürfen gespannt sein, ob Medien hier Spalier stehen und für earned media – also unbezahlte Reichweite für die Werbebotschaften – durch Berichterstattung sorgen oder ob sie ihre Rolle als Vierte Gewalt erfüllen oder ihr zumindest nahe kommen.
„Obama Superstar“ zeigte bereits in der Schweiz, wo es lang geht – hier eine kleine Presseschau – nämlich in Richtung Flankierung der US-amerikanischen Außenpolitik, die ja nur rhetorisch die Dichotomie zwischen den Guten und den Bösen aufrecht erhalten kann; nicht etwa durch Einhalten der regelbasierten Ordnung, die die US-Regierung und ihre Think Tanks gerne beschwören. Dabei steht Obama selbst als Peron nicht für die Erfüllung seiner eigenen Versprechungen. Seine Kairoer Rede 2009 brachte ihm zwar etwas vorschnell den Friedensnobelpreis ein, umgesetzt hat er nicht einmal die Aufgabe des außerhalb jeder Rechtsstaatlichkeit existierende Gefangenenlager Guantanamo auf Cuba – von Baghram in Afghanistan hatte er garnicht erst gesprochen. Die Verbrechen dort sind kaum bekannt. Er führte die USA in weitere Kriege und zeichnete wöchentlich die sogenannte KillList ab und autorisierte mehr illegale Drohnentötungen als sein Vorgänger George W. Bush. Statt eines Strafprozesses bei Terrorverdacht gab es Drohnentötungen per Dekret. Obama hat nicht einmal seine zweite und damit klar letzte Amtszeit dazu genutzt, um innenpolitisch den Kampf gegen Rassismus und für Versöhnung voranzutreiben – wie dies Harry Belafonte gegen Ende seines sehr sehenswerten Interviews bei Democracy Now bedauert.
Wie die einstündige Show abläuft, kann man in der NZZ nachlesen – das Geschäftsmodell dahinter lässt sich erahnen. In Deutschland werden daran die Journalistin Düzen Tekkal, die Filmemacherin Mo Asumang, der Künstler Fetsum Sebhat und die Bildungsforscherin Jutta Almendinger flankierend beteiligt sein. Man fühlt sich geehrt und scheint sich weniger Gedanken um die eigene Rolle zu machen, die einem hier ganz diversity-mainstreaming-mäßig zugedacht ist. Der hohe Ticketpreis bestimmt über das weniger diverse Publikum. Auf Twitter gab es bereits die Bitte, Obama auf den illegal inhaftierten Julian Assange anzusprechen – mindestens. Wir dürfen gespannt sein, was alles nicht gesagt werden wird, schließlich soll es offiziell um Bildung gehen am 3. Mai in Berlin – wo eigentlich der Tag der Pressefreiheit auf dem Programm steht. Und hier schließt sich dann der Kreis zu seiner Rede in Kairo, die auch durch viele Fehlstellen auffiel und eben in Kairo und nicht in Ramallah oder Gaza gehalten wurde.
IMV News
Erste Reaktionen gibt es auf die Sammelbände „Kriegsfolgen“ (ProMedia) und „Ukrainekrieg. Warum Europa eine neue Entspannungspolitik braucht“ (Westend), die zur Buchmesse in Leipzig erschienen sind.
Ukrainekrieg: https://jacobin.de/artikel/augen-zu-und-rein-deutschland-im-krieg-ukraine-krieg-wolfgang-streeck (Buchbeitrag von Wolfgang Streeck) & https://www.nachdenkseiten.de/?p=96655.
Kriegsfolgen: https://www.socialnet.de/rezensionen/30626.php & https://www.telepolis.de/features/Ukraine-Krieg-Warum-die-Vorgeschichte-nicht-ausgeblendet-werden-darf-8971604.html & https://www.fr.de/politik/ukraine-russland-krieg-buchmesse-leipzig-westen-pazifismus-schischkin-streit-kritik-putin-92247825.html