Liebe Interessierte,
der Eigentümer des britischen Guardian geht nun offensiv mit der eigenen Verstrickung in die Sklaverei um und veröffentlicht eine Bitte um Entschuldigung: https://www.theguardian.com/news/2023/mar/28/guardian-owner-apologises-founders-transatlantic-slavery-scott-trust. Der Guardian geht damit beispielhaft voran sich selbstkritisch mit der eigenen Vergangenheit auseinander zu setzen: https://www.theguardian.com/news/2023/mar/28/the-guardian-and-slavery-what-did-the-research-find-and-what-happens-next. Einige erkennen das Signal als Aufforderung, sich mit der eigenen Vergangenheit kritisch auseinanderzusetzen – offen und nicht mehr hinter vorgehaltener Hand.
Es stünde allen Medien(machenden) gut zu Gesicht, einen kritisch(er)en Blick in die eigene Geschichte zu richten und Problematisches transparent zu machen, das hinter vorgehaltener Hand sowieso bekannt ist.
Beim Stern kam die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit dem Gedankengut des Gründers Henri Nannen von außen – von Strg_F, einem Funk-Format des ÖRR. Der Stern ging den Vorwürfen nach: https://www.stern.de/gesellschaft/henri-nannen-und-die-nazis–wer-war-der-stern-gruender-henri-nannen–31968084.html. Die Zeit forderte eine Historikerkommission: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-08/nationalsozialismus-henri-nannen-stern-historiker-bertelsmann-konzern. Für Transparenz sorgt übrigens immer die Öffnung von Archiven: https://www.sueddeutsche.de/kultur/journalisten-mit-nazi-vergangenheit-im-deutschland-1.269281.
Auf die Argumentationsstrategien zum tröpfchenweisen Einräumen, aber möglichst Verdecken des Ausmaßes der Kontinuitäten von Nazis in den Nachkriegsmedien geht dieser DLF-Beitrag ein: https://www.deutschlandfunk.de/ns-vergangenheit-von-journalisten-und-das-ueberraschte-erstaunen-der-medien-100.html. Und die Widersprüche bei Axel Springer, der ebenfalls Nazis als Journalisten beschäftigte, gleichzeitig eine kritische Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus forderte, geht dieser Cicero-Beitrag ein – es ist wahrlich kein neues Thema: https://www.cicero.de/innenpolitik/axel-springer-ein-mann-der-widersprueche/49137.
Nicht nur Nachrichtenmedien sind problematisch, auch die Unterhaltungsformate offenbaren so manch (böse) Überraschung. „Kuhlenkamffs Schuhe“ sollte auf die Watch-Liste für die nächste Gelegenheit, wenn das Video wieder online abrufbar ist: https://www.swrfernsehen.de/swr-doku/kulenkampffs-schuhe-106.html. Hier ein Filmgespräch mit der Filmemacherin Regina Schilling.
Tatsächlich scheint es insgesamt sinnvoller, sich mit der kontinuierlichen Mediengeschichte zu befassen, wie es beispielsweise hier zusammengestellt ist: https://www.bpb.de/shop/buecher/zeitbilder/514354/100-jahre-radio-in-deutschland & https://ausstellungen.deutsche-digitale-bibliothek.de/ns-presse/#s0. Und nicht nur der Nationalsozialismus, auch die Kolonialgeschichte gehört medial sowie medienanalytisch aufgearbeitet – wie z.B. hier: https://www.friedrich-verlag.de/geschichte/neue-neueste-geschichte/spuren-des-deutschen-kolonialismus-in-alten-und-neuen-medien-7272.
Und, es geht durchaus auch um kollaborierende Journalisten… https://taz.de/US-Journalisten-in-der-NS-Zeit/!5834734. Ein Produkt der NAZI-Zeit war in den USA das sog. FARA Register, der Foreign Agents Registration Act, der 1938 besonders gegen die Einflussnahme von Nazi-Propaganda auf Diskurse in den USA gerichtet war und sich bis heute bewährt: https://www.justice.gov/nsd-fara. Und um weiteren Missverständnissen vorzubeugen: Agent = Akteur.
IMV News
Zur Diskussion: Die Aufmerksamkeitsfalle, die uns die Sprache selbst aufstellt im Kontext geostrategischer Interessen… Wie umgehen mit erkennbarer Aufmerksamkeitssteuerung als Gegner einer Kriegslogik? https://www.telepolis.de/features/Das-China-Dilemma-unserer-Medien-8241960.html
Bei Westend erscheint am 24.04.2023 das Buch „Ukrainekrieg. Warum Europa eine neue Entspannungspolitik braucht“ mit einem Aufsatz von Sabine Schiffer zu Kriegspropaganda und Medienanalyse: https://www.westendverlag.de/buch/ukrainekrieg.
Die völlig überarbeitete Neuauflage der Doktorarbeit von Sabine Schiffer ist erschienen und erhältlich auch als eBook: https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783956508875/die-darstellung-des-islams-in-den-medien?qms=1&sgo=6050002.
Buchmesse Leipzig Ende April: Vorstellung des Buches „Kriegsfolgen“ vom ProMedia-Verlag; zu aktuellen Informationen des Verlags geht es hier: https://mediashop.at.