Babylon Berlin – GeschichtsLektionen im Unterhaltungsformat, IMV News + IMV Termin zur Verdachtsberichterstattung 13.10., IMV Newsletter Oktober 2023

Babylon Berlin – GeschichtsLektionen im Unterhaltungsformat, IMV News + IMV Termin zur Verdachtsberichterstattung 13.10., IMV Newsletter Oktober 2023

Liebe Interessierte,

mit der vierten Staffel von Babylon Berlin, die ab dem 29.09. in der ARD-Mediathek abrufbar ist, gibt es erneut die Möglichkeit im fiktionalen Format in die Zeit vor knapp 100 Jahren einzutauchen. Für kurze Zeit ist die komplette Serie mit allen vier Staffeln online zu sehen. Im linearen Fernsehen wird die letzte Staffel ab sofort über Wochen ausgestrahlt.

Es handelt sich bei Babylon Berlin um Edutainment at it’s best. Entlang der historischen Entwicklung der 1920er und 30er Jahre entsteht durch Einblicke in verschiedene Leben und Milieus ein Eindruck, der auch – und darum empfehlen wir die Filmproduktion hier – den Widerstreit politischer Kräfte spiegelt. Kaisertreue, Nationale und die aufkommenden Nazis, von denen die ersteren dachten, sie könnten sie instrumentalisieren. Die Armut in den sog. Golden Twenties wird ebenfalls deutlich, sowie die liberalisierenden Bewegungen, die sich den althergebrachten Normen entzogen und in Kunst und Kultur der großen Stadt ihre Exzesse feierten. Gerade vor 100 Jahren schien der Durchbruch der sexuellen Befreiung auf dem Weg – eine Art Mahnmal für bzw. gegen den Glauben, dass Geschichte linear verläuft und einmal Erreichtes bestehen bleibt. Dies ist natürlich ebenso eine bittere Lehre aus der Assimilation, rechtlichen Anerkennung und dem beruflichem Erfolg von Juden und deren spätere Ausgrenzung und genozidale Verfolgung.

Die Kriegstraumata wirken in der Gesellschaft – im Film die aus dem ersten Weltkrieg, bis heute noch die aus dem zweiten dazu. Identifikationsangebote gibt es in vielfältigen Rollen. Eine der zentralen Rollen, die der Kriminalassistentin, steht einerseits für die Not und das sich-und-die-Familie-durchschlagen-müssen auf der einen und das Aufstreben in Richtung Gleichberechtigung auf der anderen Seite.

Wir sind nicht die einzigen, die sich mit den historischen Hintergründen der Serie befassen. Der mdr lud den Berliner Historiker Daniel Schönpflug zum Interview und verlinkt noch weitere historische Aspekte. Die Produktionsweise zeugt übrigens von neuen Strukturen, denn die ARD ist sozusagen der Zweitausstrahler – das Vorrecht hatte der Kooperationspartner Sky.

Die Romanvorlage von Volker Kutscher soll ihre eigenen Qualitäten haben – wie eigentlich immer, wenn Literatur verfilmt wird: https://babylon-berlin.com/de/ueber-babylon-berlin/das-setting. Natürlich passt das Framing einer Kriminalgeschichte (hier als dominante Rahmenhandlung) in die inflationäre „Kriminalisierung“ des TV-Programms. Die Überproduktion an Krimi-Formaten bemängelt u.a. der Tagesspiegel. Kriminalgeschichten haben aber den Vorteil, dass bei der Ermittlung gesellschaftliche Hintergründe erklärt werden können, ohne dass das wie eine pädagogische Lehrstunde wirkt.

Ein künstlerisches Schmankerl ist die Musik als tragendes Element der Stimmung im Film. Und ihr wurde eine eigene Hommage in Form eines Konzerts gewidmet: Watch die Aufzeichnung von Babylon Berlin in Concert im Theater des Westens!

Dieser Newsletter ist kurz, weil das Binge-Watching lang werden dürfte … und wir ja dafür werben Zeit für unsere Podiumsdiskussion am 13.10. (s.u.) einzuplanen.

Die Verantwortlichen und auch einige Schauspielende sind übrigens hin und wieder im Terzo Mondo in Berlin, wo unsere jährliche Veranstaltung – sowie die Mitgliederversammlung des Förderkreises des IMV – stattfindet.

IMV News

In diesem Jahr und natürlich wieder im Terzo Mondo widmen wir uns aus aktuellem und wiederkehrendem Anlass Grenzfragen bei der sog. Verdachtsberichterstattung. Hier sei auf den letzten Newsletter zu genau diesem Thema verwiesen. Inzwischen sind noch einige Einlassungen mehr zum Thema veröffentlicht worden – vor allem zu den Fällen Aiwanger und Lindemann und zusammengefasst lässt sich feststellen: ob eine Verdachtsberichterstattung zulässig ist, ist im jeweiligen Einzelfall abzuschätzen. Aber es gibt Regeln und es gibt Grauzonen – aleo, eine echte Herausforderung rund um die Medienverantwortung (s.u. IMV-Termine!).

Der Redebeitrag „Medienverantwortung zwischen Krieg und Krise“ von Sabine Schiffer in Ramstein 2023 ist hier nachhörbar. Der verschriftliche Rede-Text kann auf Telepolis nachgelesen werden. Für eine ORF-Hörfunksendung zur Frage „Woher kommen unsere Nachrichten?“ hat Sabine Schiffer ein ausführliches Interview zu den zentralen Nachrichtenagenturen gegeben: die Sendung ist beim ORF angekündigt.

IMV Termine

13.10.2023 – 19.30 Uhr Live und im Livestream

Wir laden zur Podiumsdiskussion und wollen der Frage des Erlaubten und nicht Erlaubten in der Verdachtsberichterstattung nachgehen. Dazu konnten wir mit Prof. Christian Schicha von der FAU Erlangen einen ausgewiesenen Experten für Medienethik und mit Dr. Stefanie Schork der Kanzlei Eisenberg-König-Schork aus Berlin eine Fachanwältin mit einschlägigen Kenntnissen der Grauzonen zwischen öffentlichem Interesse und dem Schutz von Persönlichkeitsrechten gewinnen. Jo Goll vom rbb wird uns einen Beispielfall mitbringen und daran aufzeigen, welche Fragen zu klären sind, bevor man sich zu einer Verdachtsberichterstattung entscheidet.

Genaueres zum Inhalt findet Ihr auf der IMV-Startseite: www.medienverantwortung.de. Zum Link für den Livestream auf der Website des Terzo Mondo geht es hier: https://www.terzomondo.de/event/foerderkreis-imv-e-v-verdachtsberichterstattung. Save the Date und schickt uns Eure Fragen (an info /at/ mverantw…)!

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