März 2020- Hanau mahnt

März 2020- Hanau mahnt

Liebe Interessierten,

dass aus Worten Taten werden, davor warnen wir seit unserer Gründung vor 15 Jahren!
Wir plädieren dafür, Sprache in ihrer Handlungs- und vor allem Zeigefunktion ernster zu nehmen und deren Gebrauch zur Zuweisung (problematischer) Eigenschaften auf ganze Gruppen kritisch zu überdenken – dies ganz besonders in den Medien als wichtige Schaltstelle für die Verbreitung von Aufklärung, aber auch von Ressentiments.
Die Anschläge von Halle, Hanau und bereits die Morde des sogenannten NSU und inzwischen unzählige Übergriffe im Alltag machen deutlich und mahnen, dass wir ein gesellschaftliches Problem mit Rassismus haben. Die Vorortung dieses Problems bei rechtsextremen Rassisten wie pi-news im Netz, Pegida & Co. auf den Straßen oder der AfD in den Parlamenten mag ein verführerischer Reflex sein, sich eine rassismusfreie, aufgeklärte Mitte vorzustellen und die Kehrseite der Moderne neoliberaler Verwertungsgesellschaften zu verleugnen, die auf Konkurrenz und Ausgrenzung setzt.
Nicht zuletzt die Toten von Hanau mahnen, dass mit dieser Selbstidealisierung Schluss sein muss. Spüren wir den Rassismus auf, entlarven ihn und laden zur Selbstreflexion ein – denn niemand ist gefeit davor, mit seinen Schubladen im Kopf konfrontiert zu werden! Aufklärung bedeutet, sich das dann eben anzusehen, ggf. anzunehmen und bestmöglich zu korrigieren.
Ein paar Beispiele für Diskussionswürdiges:
Kurz nach dem Anschlag in Hanau fragt man in den Heute-Nachrichten „Ist Multi-Kulti gescheitert?“ und bedient damit sowohl rechte Frames, als auch die Aussage von Angela Merkel von vor ca. 10 Jahren. Da nützt auch kein Integrationsgipfel nichts, wenn man vonseiten der Bundesbehörden die Mär von der „Migration als Mutter aller Probleme“ bedient. Medien hätten hier die Rolle des kritischen Aufklärers, der Vierten Gewalt, statt die des Kolporteurs.
Immer wieder ist in Medien jedoch das Narrativ von „Fremdenfeindlichkeit“ bei der Berichterstattung über den Anschlag in Hanau zu vernehmen. Damit werden die Opfer rassistischer Gewalt posthum zu Fremden erklärt. Ja, es ist so subtil und geht weit über die verbreitete Diskussion um politisch korrekte Begrifflichkeiten hinaus.
Im „heute Journal“ des ZDF vom 28.02.2020 ca. ab Minute 15.30 Uhr:
Es geht um die AfD und deren Diskussion um Rassismus in den eigenen Reihen nach dem Terroranschlag in Hanau. Claus Kleber fragt einleitend zum dann eingespielten Beitrag „Geht’s da nur um rassistische Sprache und Parolen oder geht es um tatsächlich tiefere Einsichten?“ https://www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/heute-journal-vom-28-februar-2020-100.html


Das ODER stellt die rassistische Sprache den tieferen Einsichten gegenüber und ordnet erstere unter, sprich: rassistische Sprache und Hatespeech, die den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen können, wird in den Hauptnachrichten unterschätzt.
Es gab und gibt freilich schlimmere Beispiele als die des ZDF, aber auf das BILD-Niveau des Springer-Verlags wollen wir uns garnicht begeben – aber aufzeigen, dass Rassismus in der Mitte gepflegt wird: Etwa der Cicero scheint derzeit zu einem dehumanisierenden Blatt in Zeiten von Fluchtdebatten zu werden … Für die Entscheidung zu diesem Gastbeitrag beispielsweise werden folgende Frames aktiviert: https://www.cicero.de/aussenpolitik/fluechtlingskrise-eu-erdogan-tuerkei-syrien-russland-diplomatie: Eine humanitäre Krise gäbe es erst seit der Grenzöffnung durch die Türkei, Europa müsse (die Menschlichkeit) von 2015 verhindern …
und dies prominent platziert in einem Medium der Mitte.
Wir müssen uns mehr mit den subtilen Formen von Hassrede befassen, die weit über die Entscheidung für oder gegen einen Begriff gehen. Es geht um die Schärfung des Blicks für die Subtilitäten, die so manchem garnicht auffallen mögen, weshalb sie Schilderungen wie die von Alice Hasters nicht verstehen wollen: https://www.hanser-literaturverlage.de/autor/alice-hasters/
Rassistische Einteilungen werden jedoch auch von den markierten Gruppen übernommen und perpetuiert, wie Sabine Schiffer hier beschreibt: https://www.migazin.de/2020/03/02/wenn-die-rassistische-saat-aufgeht.

IMV News
Unser Konferenzprogramm für den 3. April 2020 ist fertig und kann demnächst auf der neuen Website eingesehen werden.
Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten. Wer nur spenden möchte, kann dies gerne hier tun: https://www.medienverantwortung.de/impressum. Wir bedanken uns im Voraus!

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