Die Zahlen zur deutschen und weltweiten sozialen Ungleichheit sind der Öffentlichkeit bekannt. Die Medien berichten über Oxfam-Studien, die verdeutlichen, dass sich die Vermögensungleichheit auf dem Planeten von Jahr zu Jahr auf bizarre Weise steigert. Hin und wieder erwähnen Journalisten, wie unterschiedlich Vermögen und Einkommen in Deutschland verteilt sind. Wieso bleiben solche Daten ohne politische Konsequenzen? Wieso wird die soziale Ungleichheit in politischen Diskursen kaum thematisiert? Ein Lehrstück, wie bürgerliche Politiker das Thema der Ungleichheit abblocken und aus dem Diskurs verbannen, lieferte das ZDF mit der Diskussionssendung „Wie geht`s, Deutschland?“ zum Thema: „Armes, reiches Deutschland. Wie ungerecht ist unser Land?“ im März 2024. Zu Beginn stellte die Redaktion das deutsche Gesamtvermögen von 17 Billionen Euro in Form einer Torte dar. 60 Prozent von ihr gehören den Reichen und Wohlhabenden, sie bilden die obersten 10 Prozent der deutschen Bevölkerung, deren untere Hälfte, also 50 Prozent, nur wenige Krümel, nämlich 2,3 Prozent, vom Süßen ergattert. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nannte diese bildliche Veranschaulichung „unredlich“ und fragte sich, „ob man das so machen kann“. Dann wies er auf sich und seine Bekannten hin, die in der DDR aufgewachsen waren und „nichts“ gehabt, nun aber die Gelegenheit genutzt hätten, sich in der sozialen Marktwirtschaft bescheidenen Wohlstand zu erarbeiten. Die Bundesrepublik Deutschland sei nicht Saudi Arabien, „wo einigen wenigen die Ölquellen gehören“. Kretschmer identifiziert sich mit dem Vermögen der Ultra-Reichen im verallgemeinernden „wir“, weil er und sein Milieu mit profitieren: „Dieses Vermögen, das wir haben, denken Sie an die Familie, denen BMW gehört, die haben ihr Vermögen investiert, dieses Vermögen arbeitet, damit werden Arbeitsplätze geschaffen. Es gibt dieses Aufstiegsversprechen und ehrlich gesagt, wenn ich mir anschaue, wie wir in den neuen Bundesländern auch davon profitiert haben – dieses Land so darzustellen, das finde ich so unredlich.“[1]
[1] Die Zitate wurden aus dem als Hyperlink hinterlegten YouTube-Video transkribiert.