Liebe Interessierte,
Frieden ist mehr als nur die Abwesenheit von Krieg, aber auch die Konfliktlösung mit friedlichen Mitteln gehört dazu. Die Nachrichtenwertlogik unserer Medien gibt aber zumeist destruktiven Kräften den Vorzug, wie es Johan Galtung schon immer kritisierte. Dabei reflektieren Medienmachende oft nicht, dass sie den Eindruck mitgestalten, den man von Konfliktlösungsstrategien und -potentialen hat – und schon garnicht, was in der Konfliktvermeidung alles auszurichten ist: etwa durch eine Orientierung an Gerechtigkeit und Gemeinwohl. Aktuell wird im Journalismus das bankrott-politische Framing kaum hinterfragt, dass Sicherheitsfragen eine militärische Kategorie seien. Das sind sie tatsächlich nicht. Sicherheit basiert auf Kooperation und Vertrauen, auf die einflussreiche Politstrategen – wie der kürzlich verstorbene Henry Kissinger – nicht setzten; ihre Gestaltungsmacht wirkt bis heute mit den immer wieder erkennbar gleichen Propaganda-Argumenten und Fehlern.
Welches Potential der Shift vom Militarismus hin zum Sozialen hat, zeigt das Beispiel Costa Ricas, das im DLF Kalenderblatt vom 1.12.2023 gewürdigt wurde. Der DLF sendete erst kurz zuvor einen hörenswerten Beitrag zur Friedensforschung unter dem Titel „Wie auch einzelne Menschen Kriegslogiken durchbrechen können“. In Springers Welt versuchte sich ein Meinungsbeitrag am Thema Frieden(spotential) in sozialen Medien. Tatsächlich sollte man der Tendenz nicht erliegen, Desinformation und Eskalation SocialMedia allein zuzuschreiben. Kriege und Mordanschläge, etwa an Rudi Dutschke, sollten uns daran erinnern, dass Hetze auch die guten alten Medien können. Besonders eindrücklich in der Verweigerung der eigenen Unterwerfung unter eine Kriegslogik trat Martin Buber auf, woran kürzlich die FAZ erinnerte. Isabel Frey aus Wien scheint in seinen Fußstapfen zu wandern – im österreichischen Falter ist ihre Rede anlässlich einer Solidaritäts-Kundgebung für Juden und Palästinenser zu lesen.
Kein gutes Bild gaben unsere Medien in ihrer Mehrheit ab, als es um die Berichterstattung der Friedensdemonstration in Berlin vom 25.11.2023 ging. Teilweise wirkten die Nachrichten in den großen Sendeanstalten, als hätte es sich um eine Wahlveranstaltung von und für Sahra Wagenknecht gehandelt. Hier muss die eigene Website zur Veranstaltung das kompensieren, was in den Medien kaum nachzuvollziehen war: die Dokumentation aller Reden, jede einzelne hörenswert: https://nie-wieder-krieg.org.
Auch der Sammelband des österreichischen Friedenforschers Thomas Roithner „Gute Medien – böser Krieg?“ zeigt auf, wie schwer sich Medien mit der Kategorie Frieden tun. Manches wirkt, als hätte es die langjährige unermüdliche Arbeit von Johan Galtung und seinen Schüler/n nicht gegeben:
https://www.galtung-institut.de/de
Conflict Transformation by Peaceful Means
Die Debatte um konfliktsensitiven Journalismus oder gar Friedensjournalismus wird teils kontrovers, aber immer konstruktiv geführt, wie die folgenden Beiträge beispielhaft zeigen:
Sebastian Köhler über eine Studie zum „Krieg und Frieden“ in den Medien bei heise Telepolis. Sigrun Rottmann im Interview zu „Medien konstruieren Konflikt-Bild mit“ mit dem WDR. Nadine Bilke stellt die Muster der Krisen- und Kriegsberichterstattung denen des Friedensjournalismus gegenüber: https://www.galtung-institut.de/wp-content/uploads/2014/06/Friedensjournalismus-Nadine-Bilke.pdf. Wilhelm Kempf zur Medienrolle: https://www.friedenskooperative.de/friedensforum/artikel/die-rolle-der-medien-bei-der-konstruktion-von.
Tatsächlich ist die IALANA-Tagung im Jahr 2018 zum Thema „Krieg und Frieden in den Medien“ immer noch relevant, deren Inhalt inzwischen in Buchform vorliegt: https://www.ossietzky.net/laden/krieg-und-frieden-in-den-medien-ialana-hrsg. Oder der noch ältere Klassiker von Jörg Becker und Ulrich Albrecht „Medien zwischen Krieg und Frieden“.
Nicht in den Medien, aber in der Journalisten- Aus- und Fortbildung durchaus vorhanden, gibt es die Sensibilisierung für das eigene Mitwirken am Eindruck von der Welt … hier exemplarisch in den Slides einer Ausbildungseinheit von Sigrun Rottmann.
Die Ehrung der Journalistin Maria Ressa mit dem Friedensnobelpreis 2021 zollt der Erkenntnis Tribut, welche friedensstiftenden Potentiale kritischer Journalismus hat: https://www.forumzfd.de/de/medien-tragen-verantwortung-fuer-den-frieden. Preise können helfen, mehr Aufmerksamkeit für das Thema zu erreichen – in diesem Sinne kann sich der Friedenspreis des deutschen Films „Die Brücke“ verstehen, der seit nunmehr 20 Jahren vergeben wird: https://www.3sat.de/kultur/kultur-in-3sat/friedenspreis-des-deutschen-films-die-bruecke-108.html.
Raum in den Medien hätte sicher das deutsch-russische Jugendprojekt „Musik für den Frieden“ jenseits eindrücklicher Youtube-Präsentationen verdient. Unsere ausdrückliche Empfehlung: https://www.musik-fuer-den-frieden.de. Vielleicht zum Ausklang des Jahres und zur Einstimmung auf ein besseres kommendes.
Wir wünschen bei dieser Gelegenheit allen alles Gute und weiterhin viel Kraft!
IMV News
Zwei Interviewanfragen gab es für Sabine Schiffer zum Umgang mit Hamas-Bildern im Nahostkrieg: Deutschlandfunk und HR-Info. Zum Nahostkonflikt wird es bald noch einen Artikel geben, in den auch einige Erkenntnisse zum Bilderkrieg einfließen werden. Alles zu wenig, wenn man bedenkt, wie schlimm die Situation vor Ort ist.
Zum Jahresausklang bedanken wir uns nochmal ausdrücklich beim Förderkreis und seinen Mitgliedern für die dauerhafte Unterstützung sowie auch bei einigen Einzelspendern, die alle mit dafür sorgen, dass unsere Arbeit unabhängig bleibt. 1000 Dank! Wer sich berufen fühlt, für das kommende Jahr zu spenden, achte bitte darauf, dabei die eigene Anschrift für die Zusendung der Spendenquittung anzugeben. Spenden gerne direkt an das IMV, die Bankdaten finden sich in unserem Impressum: https://medienverantwortung.de/impressum. Über Mitgliedschaften im Förderkreis für ein langfristiges Commitment freuen wir uns ebenfalls. Zum Mitgliedsantrag geht es hier entlang: https://www.medienverantwortung-foerderkreis.de. Wir bedanken uns im Voraus für alles, denn jeder kleine Beitrag hilft!