Liebe Interessierte,
am Sonntag, 23. Januar 2022 wird auf das Islamische Kulturzentraum in Halle geschossen – zum zweiten Mal, denn 2018 hat es bereits schon einmal Schüsse auf die Moschee gegeben, wie der MDR berichtet und tatsächlich erreicht dieser Anschlag überregionale Aufmerksamkeit und politische Verurteilung: https://taz.de/Schuesse-auf-Moschee-in-Halle/!5830052 & https://www.zeit.de/gesellschaft/2022-01/halle-moschee-verdaechtiger-luftgewehr-festnahme. „Halle“ ist jedoch zu einer Chriffre für etwas anderes geworden, für den antisemitischen Anschlag auf die Synagoge an Jom Kippur im Oktober 2019.
Antisemitismus und Islamophobie
Der Anschlag auf die Synagoge war zudem von einem Medienprofi geplant und gefilmt worden, so dass man Gefahr lief, seine vorbereiteten Materialen aufzugreifen. Schlimmeres in der Synagoge konnte verhindert werden, weil der Angreifer an der stabilen Tür scheiterte. Die Passantin Jana L. wurde jedoch direkt vor der Synagoge erschossen, ebenso wie der junge Handwerker Kevin S., der zu Mittag in dem anschließend angesteuerten Döner-Imbiss aß. Ihre Namen werden weit weniger genannt, als der des Täters. Das zweite Ziel war kein Zufall, wie aus dem Prozess hervorgeht, der zur Verurteilung des Terroristen führte:
https://taz.de/Urteil-im-Halle-Prozess/!5735199/ & https://www.migazin.de/2021/10/09/framing-halle-ueber-darstellungen-opfer.
Wie also nun sprechen über „Halle“? Wer meint was, wenn er die Chiffre aufruft? Ist es überhaupt günstig, eine ganze Stadt mit dem Anschlag zu identifizieren und somit alle Hallenser in diesem Kontext zu framen? Oder umgekehrt, führt der Diskurs über die Untaten von Halle und Hanau zu einem Framing, das auf Halle den antijüdischen Hass und auf Hanau den antimuslimischen Hass projiziert?
Halle wehrt sich
könnte man ebenso titeln… https://dubisthalle.de/menschenkette-an-der-moschee-in-halle-neustadt
Wir brauchen eine Sprache, um über die Untaten sprechen zu können. Verkürzungen sind immer problematisch. Aber wie kann man das sich hier abzeichnende Dilemma lösen? Halle 2018, 2019, 2022? Jedenfalls macht die Aufzählung erschreckend deutlich, wie normal derlei Anschläge schon geworden sind. Und der Sumpf ist tief: https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/halle/halle/anschlag-schiesserei-synagoge-halle-100.html.
IMV News
Leider hat es mit dem Livestream des Westend-Verlags Probleme gegeben, so dass der Link sich kurz vor der Veranstaltung änderte. Viele haben die Diskussion live nicht auf dem Youtube-Kanal des Verlags gefunden. Das Gespräch mit Sabena Donath von der Jüdischen Akademie Frankfurt und Meltem Kulacatan von der Goethe-Universität über Antisemitismus und antimuslimischem Rassismus bzw. der zweiten Auflage vom gleichnamigen Buch von uns, Constantin Wagner und Sabine Schiffer, wurde aufgezeichnet und kann hier nachgesehen oder –gehört werden. Wir danken allen Beteiligten! https://www.youtube.com/watch?v=dZN2gvN4rlc
Zur ersten Buchrezension geht es hier: https://www.efo-magazin.de/magazin/gott-glauben/neue-feindbilder-alte-muster